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Parasympathische Sexualität: Das Zusammenspiel von Entspannung und Erregung

Lust und Erregung sind zwei Aspekte unserer Sexualität, die oft als untrennbar empfunden werden. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um zwei unabhängige Phänomene, die nicht immer automatisch Hand in Hand gehen. Schauen wir uns genauer an, wie diese beiden Zustände zusammenspielen und wie man sie bewusst steuern kann.

Wie entsteht Lust?

Lust entsteht durch Reize von auĂźen, zum Beispiel durch eine erotische Stimme, Bilder oder die Interaktion mit anderen Menschen.

  • GerĂĽche: Der Duft eines/r Partner*in macht Lust.
  • Fantasien: Erotische Gedanken machen dich glĂĽcklich.
  • BerĂĽhrungen können Lust machen.

Dein Körper reagiert darauf mit feinen Signalen, wie beispielsweise

  • ein leichtes Pulsieren in deinem Unterleib
  • eine angenehme Wärme, die sich ausbreitet
  • eine erhöhte Sensibilität deiner Haut

Wenn dein Belohnungssystem diese feinen Signale mit einer positiven Erinnerung verknüpft (»Der letzte Sex war eine schöne Erfahrung«), kann daraus sexuelle Erregung entstehen.

Ein Tanz zwischen Entspannung und Erregung

Um von Lust zu Erregung zu gelangen, ist ein komplexes Zusammenspiel von Entspannung und Anspannung notwendig. Hier kommt das Konzept der parasympathischen Sexualität ins Spiel.

Parasympathische Sexualität bedeutet, Entspannung und Erregung gleichermaßen in das sexuelle Erleben einzubeziehen. Es geht darum, einen Zustand zu erreichen, in dem man sowohl erregt als auch entspannt sein kann. Mit anderen Worten: "Entspanne dich in deine Erregung."

Wie hängen das vegetative Nervensystem und Sexualität zusammen?

Unser vegetatives Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle bei der sexuellen Erregung. Es besteht aus zwei Hauptsträngen:

  1. dem Sympathikus: Er ist für den "Kampf-oder-Flucht"-Modus zuständig. Wenn er zu stark aktiviert ist, kann er zu Stress und Anspannung führen.
  2. dem Parasympathikus: Er ist für den "Ruhe- und Verdauungsmodus" – sozusagen dein »Wellness-Modus« – zuständig. Er fördert die Entspannung und ist ebenso wichtig für eine erfüllende sexuelles Erfahrung.

Bei der parasympathischen Sexualität geht es darum, den Parasympathikus zu aktivieren und gleichzeitig genügend Erregung zu erzeugen. Es kann wie ein Tanz zwischen diesen beiden Systemen sein.

Trau dich, mit den drei Tipps zu experimentieren - es wird etwas Zeit und Übung (und vielleicht auch Unterstützung) brauchen, da auch Schamgefühle eine Rolle spielen können.

Denke daran: Es geht nicht darum, perfekt zu sein oder bestimmte Ziele zu erreichen. Parasympathische Sexualität ist eine Entdeckungsreise, auf der du immer wieder Neues über dich und deinen Körper lernen kannst. Sei geduldig und liebevoll mit dir selbst und genieße den Prozess des Erforschens und Erlebens.